Einst stürzte der Mond auf die Erde, zerbarst und gab sein Innerstes frei: den weißen Drachen. Dessen Blut floss auf die Erde und führte zu Mutationen, Verwandlungen und verschob in Folge das gesamte Machtgefüge auf dem ehemals blauen Planeten. Menschen gibt es nur noch wenige. Dafür tummeln sich intelligente Hybridwesen aus wahlweise Tieren, Maschinen und Menschen. Die Wesen des göttlichen Drachens Tsukuyumi, die Oni, beherrschen fortan die Erde.
Besonderheiten
Tsukuyumi ist in verschiedener Hinsicht ein besonderer Comic. Das gleichnamige Brettspiel wurde von Felix Mertikat erdacht und per Kickstarterkampagne realisiert. Nachdem er bereits mit Steam Noir erfolgreich Comicerfahrung gesammelt hatte, sollte dem Brettspiel ebenfalls ein Comic beiliegen. Das vorliegende Hardcoveralbum enthält nun neben den Kurzgeschichten, die auch online zur Verfügung stehen, noch eine weitere längere Story. Diese erzählt die Vorgeschichte, in der am Ende der Mond auf die Erde stürzt und Tsukuyumi damit zu neuer Macht über die Erdbewohner gelangt. In dieser von Verena Klinke gezeichneten Story konnte ich die verzweifelte Situation, das bedrückende Gefühl gut nachempfinden. Als Leserin fühlte ich mich dabei wie eine Besucherin aus der Zukunft, die nun still beobachten durfte, wie die Katastrophe ihren Anfang nahm. Ähnlich ansprechen konnte mich die Geschichte Cybersamurai, in deren Fokus ein Hybride und die Frage im Raum steht, wieviel Mensch er eigentlich geblieben ist.
Besonders ist außerdem die Riege der Autor_innen, setzen sie sich doch aus einigen sehr bekannten Personen der deutschen Phantastikszene zusammen (Bernhard Hennen, Bernd Perplies, André Wiesler, Andrea Bottlinger, Verena Klinke, Christopher Tauber).
Neue Welt
Felix Mertikat hat mit Tsukuyumi eine neue ganz eigene Welt erschaffen. Ich bin ohne das Brettspiel zu kennen und ohne weitere Vorkenntnisse an den Comic herangegangen und wurde … mit einem ersten Kapitel, in dem ich auf (großartig gezeichnete) mutierte Insekten und Spinnen, aber wenig Text und Erläuterung gestoßen bin, zugegebenermaßen überrascht. Ich hoffte auf mehr Hintergrund zur Welt, den Figuren und dem weißen Drachen, konnte dies aber auch in der nächsten Story nicht finden. So stolperte ich durch den gesamten Band, erfreute mich an dem ein oder anderen Plot und dem ansprechenden Artwork, bekam aber erst ganz am Ende eine Einführung in die Welt. Mit dem abschließenden längeren Kapitel im Buch erfuhr ich endlich etwas über die ursprüngliche Katastrophe und die Entstehung der vielen Wesen, denen ich auf den vorhergehenden Seiten bereits begegnet war. Und obwohl ich es mag, wenn ich in fremde Welten geworfen werde, hätte ich mir gewünscht, gewusst zu haben, dass diese letzte Story mir etwas Hintergrund zur Welt liefern kann. Dann hätte ich die anderen Geschichten vermutlich mehr genießen und mich besser drauf einlassen können. So blieb ich bei den meisten leider eher unbeeindruckt zurück. Ich habe mir vorgenommen, den Comic mit etwas Abstand einfach noch einmal zu lesen.
Abwechslungsreicher Mix im Artwork
Werfen wir noch einen Blick auf die Zeichnungen und Farben, die ebenfalls von mehreren Künstler_innen stammen. Felix Mertikat hat einen Großteil selbst beigesteuert, ich mag seine milchigen verwaschenen Hintergründe. Lisa Henke illustrierte nur wenige Seiten, hat mich mit ihrer Arbeit im Prolog der Story Tsyukumi aber umgehauen. Ausschließlich Rot- und Blautöne genügen ihr neben schwarz und weiß, um mich vom Stuhl zu reißen. Jan Bintakies durfte sich mit drei Seiten beteiligen und seinem tuschelastigen natürlich wirkenden Stil. Deutlich hebt er sich damit von Mertikats ab, der mich mit seinen Panels eher an Filmszenen erinnert. Alle drei Stile in diesem einen Band zu sehen ergibt einen schönen abwechslungsreichen Mix.
Als Begleitung zum opulenten Brettspiel Tsukuyumi ist dieser Comic ein gelungenes Add-on und eine kluge Idee. Ich war selbst viele Jahre regelmäßige Spielerin und hätte es geliebt zu einer Spielewelt Hintergründe in einem Comic präsentiert zu bekommen! Alleinstehend ist der Einstieg in die Welt über den Comic aber schwierig, wenn auch einzelne Teile im Band wirklich richtig gut gelungen sind.
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Tsukuyumi Full Moon Down 1
Geschrieben von
Bernhard Hennen, Bernd Perplies, André Wiesler, Andrea Bottlinger, Christopher Tauber, Verena Klinke
Gezeichnet von
Felix Mertikat, Lisa Henke, Jan Bintakies
Genre und Leseprobe
Comic. Science Fiction. Brettspiel-Add-on
Eine Leseprobe gibt es beim Verlag Cross Cult.
Noch ein paar Details
Am 4. Juni 2018 erschienen bei Cross Cult, ISBN 978-3-959817-54-7, 72 farbige Seiten, Hardcover, EUR 25.
Weitere Meinung zum Comic
… bei Nerd mit Nadel
Den Comic habe ich als kostenfreies Rezensionsexemplar erhalten.
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