„Das kommt in den besten Häusern vor“, hätte meine Großmutter früher gesagt.
Ich habe ein Buch abgebrochen. Vorerst. Ich betitel es mal mit „eine Pause brauchen“. Nicht, dass ich es nicht versucht hätte. Denn schließlich ist es ein hübsches Buch, ein viel gemochtes Buch, ein vorwiegend gut besprochenes Buch und ein Buch von einem wirklich guten Autor. Ich habe es immer wieder versucht. Seit Mitte Januar, also seit geschlagenen fünf Monaten. Das geht so nicht weiter und daher habe ich gestern, nach einem erneuten Versuch weiterzulesen, aufgegeben. Vorerst.
Getroffen hat das Schicksal Guy Gavriel Kay mit seinem Fantasy-Roman Im Schatten des Himmels. Gekommen bin ich bis Seite 188. Verdient hat es Kays Erzählung, angesiedelt in einer Welt, die dem historischen China nachempfunden ist, sicher nicht. Aber sie hat es auch nicht verdient, dass ich ihr nicht die nötige Aufmerksamkeit beim Lesen widme. Dass ich sie erneut missachte, andere Geschichten ihr vorziehe und sie immer wieder auf die Seite schiebe.
Daher habe ich jetzt einen Schlussstrich gezogen. Vorerst. Tais Erlebnisse am herrschaftlichen Hof, an dem es vor Intrigen und Machtspielereien nur so trotzt (so berichten andere Leser und Leserinnen – ich bin ja kaum weit genug gekommen, um das beurteilen zu können), müssen warten. Warum eigentlich? Solange ich nicht richtig im Lesefluss war, bin ich über die Sprache (bzw. die Übersetzung?) gestolpert. Erst als ich im Flow war, habe ich die langen, teils ungewöhnlichen Sätze und Satzstellungen genossen. Aber diesen Flow habe ich viel zu selten erreicht. Bei den meisten Versuchen klappte es nicht. Die Figuren blieben mir allesamt fremd, ich konnte sie kaum auseinanderhalten. Bei einer Story, die von ihrem vielschichtigen Charakteren lebt, ist dies eine maximal schlechte Konstellation.
Vielleicht werde ich nie wieder Lust haben, dieses Buch in die Hand zu nehmen. Vielleicht werde ich zunächst G. G. Kays nächsten Roman, der noch dieses Jahr bei Fischer Tor erscheint, lesen. Vielleicht habe ich aber auch im Winter plötzlich Lust auf den umfangreichen Einteiler und nehme ihn wieder zur Hand. Vorstellen kann ich mir das sehr gut.
Nur jetzt. Heute. Momentan. Geht da gar nichts mehr. Das ist ehrlich. Und wie erleichtert ich mich jetzt fühle. Schuldgefühle ade.
Ich bin damit doch sicher nicht alleine und freue mich über eure Kommentare. Mit welchem Buch hattet ihr ähnliche Erfahrungen?
Guy Gavriel Kay – Im Schatten des Himmels, erschienen Oktober 2016 bei Fischer Tor, ISBN 978-3596035700, 720 Seiten, Eur 16,99
Eine Leseprobe findet sich bei Fischer Tor: zur Leseprobe.
5 Comments
Buchbahnhof
5. Juni 2017 at 19:43Hey!
Ich habe ja nicht viel Geduld mit Bücher, so dass ich sehr viele Bücher schon nach 10-20 Seiten abbreche. Ich habe da absolut keine Bauchschmerzen mit.
Das letzte Buch, bei dem ich recht weit gekommen bin, dann aber doch abgebrochen habe, war „Das Geheimnis der Monduhr“ von Amanda Brooke. Meine Freundin hat so von dem Buch geschwärmt, dass ich es unbesingt zuende lesen wollte. Aber irgendwie konnte es mich von Anfang an nicht so wirklich fesseln. Ungefähr auf der Hälfte habe ich dann aufgegeben. Noch steht es hier und hat auch noch ein Lesezeichen. Vielleicht mache ich nochmal weiter, aber im Moment habe ich einfach keine Lust auf die Geschichte.
Ich wünsche dir einen guten Start in die neue Woche
LG
Yvonne
booknapping
6. Juni 2017 at 14:48Hi Yvonne und vielen Dank für die guten Wünsche!
Ich hoffe, du bist auch gut gestartet :-)
Nach 10-20 Seiten ist wirklich sehr schnell. Aber das ist mir auch schon passiert. Wenn ich z. B. mit der verwendeten Sprache, dem Stil überhaupt nicht klargekommen bin. Oder in einem Fall war ich versehentlich an einen Nackenbeißer geraten (zu meiner Verteidigung, es war ein Drache auf dem Cover!), da habe ich nach noch weniger als 10 Seiten aufgegeben.
Liebe Grüße,
Sandra
Buchbahnhof
2. Juli 2017 at 18:12*lach* Ja, manchmal greift man einfach daneben, kann schonmal vorkommen. Ich finde es dann auch gar nicht verwerflich, ein Buch abzubrechen.
LG
Yvonne
auroriasseitengefluester
3. Juni 2017 at 21:09Ich bin ja auch kein Freund davon, Bücher abzubrechen. Ich bin überzeugt, dass jedes Buch, das mein Interesse geweckt hat, es auch verdient hat, zu Ende gelesen zu werden. Selbst wenn es mich nicht begeistert, es mich langweilt, ja, es mich aufregt. Nur wenige Bücher habe ich abgebrochen. Zuletzt war es „Der Wolkenatlas“ von David Mitchell. Die Verfilmung hatte mich erst darauf gebracht, das Buch zu lesen. Aber irgendwie musste ich mich wider Erwarten mehr oder weniger durch dieses Buch quälen. Seitdem schlummert es in seiner Ecke und wartet darauf, erneut von mir „gerufen“ zu werden. Die Zeit wird kommen. Da bin ich mir sicher. Nur war sie eben bisher noch nicht reif genug.
booknapping
4. Juni 2017 at 11:41Danke für deinen Kommentar. Es ist schön, zu lesen, dass ich mit meinen Unterbrechungen und dem schlechten Gefühl dabei nicht alleine bin :-)
Den Wolkenatlas habe ich bisher weder gesehen noch gelesen, aber sowohl Buch als auch DVD sind schon hier – bei mir.
LG,
Sandra
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