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Fantasy

Der Uhrmacher in der Filigree Street – Natasha Pulley

Buch steht frontal im Regal, obenauf sitzt ein kleiner grüner gehäkelter Oktopus

London, Ende des 19. Jahrhunderts, in der Telegrafistenabteilung des Innenministeriums kommt eine Nachricht von Great Scotland Yard rein. Thaniel hatte noch nie erlebt, dass nach acht Uhr die Telegrafen noch einmal ansprangen – mit Ausnahme einer Störung vor einiger Zeit. Aber heute war ein anderer Abend, ungewöhnlich nicht nur hinsichtlich der Uhrzeit, sondern auch ob des Inhalts der ratternd eingehenden Nachricht.

Superintendent Williamson morste ebenso stockend, wie er sprach. Als der Rest der Nachricht kam, war er abgehackt und voller Pausen.
—von Bombenanschlägen auf alle ö—ffentlichen Gebäude am— 30. Mai 1884. In genau sechs Monaten. Williamson.
Thaniel zog den Apparat zu sich heran.
Natasha Pulley – Der Uhrmacher in der Filigree Street (Hobbit Presse, Klett-Cotta Verlag), S. 12

Kurz darauf findet Thaniel, dessen linear verlaufendes Leben keine Überraschungen zuzulassen scheint, eine kunstvoll gefertigte Taschenuhr in seinem kleinen Appartment. Spuren eines Einbruchs sind nicht zu erkennen, der Zeitmesser kann also nur ein Geschenk seiner Schwester sein. Allerdings scheint die Taschenuhr nutzlos, schließlich lässt sie sich partout nicht öffnen. Kurz vor dem vorhergesagten Bombenanschlag aber springt sie plötzlich auf und … gibt einen Alarmton von sich. Thaniel Steepleton entgeht ausgerechnet dadurch tatsächlich der Katastrophe und zählt nicht zu den Opfern.

Sollte es einen Zusammenhang zwischen der Alarm ausstoßenden Uhr und der tödlichen Straftat geben? Thaniel selbst wird zum Verdächtigen und macht sich auf, den Hersteller der seltsamen Uhr ausfindig zu machen. Sein Name ist Keita Mori, ein aus Japan stammender Mann, der in einem Laden voller mechanischer Kunstwerke zu leben scheint …

Dynamisch und voller Farben

Der Uhrmacher in der Filigree Street Buchcover in schwarz, grün und gold
Der Uhrmacher in der Filigree Street © Natasha Pulley / Hobbit Presse – Klett-Cotta Verlag

Der Uhrmacher in der Filigree Street beginnt sehr dynamisch, hat mich auf der zweiten Seite auf den Telegrafenleitungen spinnwebartig durch den Raum im Londoner Innenministeriums reiten lassen. Ein richtig tolles Gefühl (und Bild) mit dem die Autorin in ihre Story startet. Nur wenige Seiten weiter wird klar, dass ihr Protagonist ein Synästhet ist – ohne dass sie dies jemals in Worten ausspricht. Thaniel sieht Töne, Stimmen, Musik als Farbtöne. Und dabei belässt Natasha Pulley diese Eigenschaft immer als eine natürliche Begebenheit, niemals als etwas, das eine besondere Aufmerksamkeit bekommen sollte, es gehört eben einfach zu Thaniel. Wundervoll.

Neben dem feinsinnigen Thaniel, beleben ein mechanischer Oktopus mit einer Vorliebe für Sockenschubladen, der zurückhaltende und gebildete Keita Mori, eine widerspenstige junge Wissenschaftlerin, die sich den gesellschaftlichen Zwängen nicht beugen möchte und die faszinierende Atmosphäre des viktorianischen Londons jede Seite dieses phantastischen Debütromans. Über allem schwebt eine zarte Schicht aus Liebe, Freundschaft und Zuneigung, die ein wohlig warmes Gefühl hervorruft und dabei niemals kitschig wird.

Ein ganz wundervoller Start in eine Welt, die ich unbedingt weiter entdecken möchte. Ich hoffe sehr auf ein Wiedersehen. Mit wem, wann und wo verrate ich nicht, ich will euch doch den Spaß nicht nehmen!

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Der Uhrmacher in der Filigree Street von Natasha Pulley, übersetzt von Jochen Schwarzer
erschienen am 18. September 2021 in der Hobbit Presse des Klett-Cotta Verlags
448 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-608-98475-0, EUR 24

Link zum Buch beim Verlag

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4 Comments

  • Nenatie
    28. September 2021 at 09:19

    Hallo :)
    schön das dir die Geschichte so gefallen hat! Ich hatte leider so ein bisschen Probleme mit dem Buch und irgendwie ganz andere Erwartungen, warum auch immer.
    Ich verlinke dich mal!

    LG

    Reply
    • booknapping
      28. September 2021 at 10:28

      Hi :-)
      Interessant, wie unterschiedlich das Buch auf uns gewirkt hat. Ich verlinke dich auch gleich, danke für deinen Kommentar :-)
      Liebe Grüße
      Sandra

      Reply

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