Alles beim Alten. In der Dreier-WG von Megg, Mogg und Eule hat sich nichts verändert. Megg ist weiterhin depressiv, arbeitslos, drogenabhängig. Hat eine Liebesbeziehung mit dem Kater Mogg. Und leidet unter ihren Ängsten. Eule, der als einziger einen Job hat und damit als Alleinverdiener auch für die Wohnung bezahlt wird von seinen WG-Freund*innen gemobbt – nichts Neues also. Während außerdem sein Dauerdate – Heather – keinen Bock mehr auf ihn hat, schmeißt Eule auch noch seinen sicheren Job hin und wagt einen Neubeginn als Verkäufer in einem Outdoor-Shop. Gut, dass seine Freund*innen ihn dabei unterstützen … (Achtung, Ironie). Natürlich sorgen sie in ihrem bekifften Zustand dafür, dass Eule nach nur wenigen Stunden wieder arbeitslos ist. Ob Eule jemals den Absprung schafft?
Der Weg aus der (Co-)Abhängigkeit
Hexe Total von Simon Hanselmann nimmt kein Blatt vor den Mund – auch nicht in Band 2. Zeigt in Bild, Text und der besonderen Ebene, die durch die Kombi von beidem entsteht schonungslose Szenen der Drogensucht, Depression und Angststörungen. Wie im ersten Band der Reihe (Hexe Total) stellt sich beim Lesen keine Gewöhnung ein. Im Gegenteil, Stück für Stück zieht der Strudel einen tiefer hinunter. Eine Erfahrung, auf die sich jede*r einstellen sollte, die sich den Comic vornimmt. Zwischendurch gibt es Chancen zum Luft holen, zum an die Oberfläche kämpfen. Raus aus dem ganzen Mist, aus der Verzweiflung, dem Chaos. Eule ist dabei die nach oben treibende Boje, an der man sich festhalten kann. Jedoch geht es danach oft noch tiefer hinab, bis Eule es schließlich schafft sich aus dem Strudel zu befreien. Das hier zu erwähnen, sehe ich nicht als Spoiler, sondern als Hoffnungsschimmer für alle, die sich durch den Comic wagen.
Denn Hanselmanns Arbeit ist wichtig, er weiß genau, wo er ansetzen muss. Die krassen Darstellungen sind so weit von der Realität nicht entfernt – leider. Und er greift in persona von Eule ein weiteres wichtiges Thema auf – die Co-Abhängigkeit. Zwar ist Eule selbst (fast) immer high, hätte ohne Megg und Mogg aber vielleicht bereits ein anderes Leben vor sich?! Alleine kann er die zwei nicht lassen, schließlich sind sie Teil seines Freundeskreises und dass obwohl sie ihn stets als ihren Boxsack nutzen. Ihn quälen und dafür sorgen, dass er trotz enormer Bemühungen nicht Fuß fassen kann in einem eigenen Leben – mit einem guten Job, einer Freundin und vielleicht sogar ohne Drogen?
Simon Hanselmanns Zeichnungen sind vereinfacht, flächig eingefärbt und trotz der dadurch etwas abgemilderten Message oft drastisch in ihrer Wirkung. Ich brauchte wieder zwischendrin Pausen, um mich von den Szenen zu erholen.
Ich hatte übrigens selbst das Gefühl, einigen der Figuren helfen zu wollen. Sie zu unterstützen, damit sie aus dem Vegetieren herausfinden hinein in ein Leben, das sich nach etwas Sinnvollem anfühlt. Hatte Sympathie mit der trans Frau Booger, wollte der hilflosen Megg aufhelfen und Eule aus dieser WG wegzerren. Nur mit Werewolf Jones werde ich mich wohl nie solidarisieren können. Ich habe (leider) keine Hoffung, dass ihn jemals etwas von seinem Tripp holen kann. Sobald ihr ihn kennt, wisst ihr vermutlich, warum ich ihm gegenüber so krass eingestellt bin.
Am Ende bleibt Hexe Total 2 in all seiner Heftigkeit wichtig und überbringt seine Message gezielt. Sicher kein Comic für die breite Masse und mit Vorsicht zu genießen, falls eines der Themen bei einem selbst als Auslösereiz gilt.
Mit Hexe Total in Amsterdam ist der dritte Band der Reihe erschienen und wird auch hier bald von mir besprochen. Ich habe noch Hoffnung …
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